Studie zur Herzgesundheit beim Dalmatiner startet am 1.3.2021!
Wo sind die 2016-geborenen VDH-Dalmatiner?
In der letzten Zeit tauchten gerade über die sozialen Medien immer wieder einzelne Fälle meist junger Dalmatiner auf, bei denen eine dilatative Kardiomyopathie diagnostiziert worden ist. Zudem gab es über die letzten Jahre immer wieder einmal vereinzelt Berichte von Dalmatinern, die plötzlich tot umfielen. Furchtbare Ereignisse für Hund und Besitzer.
Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist eine chronische und zum Tode führende Erkrankung, bei der der Herzmuskel seine Kontraktilität verliert und sich erweitert.
Dadurch staut sich Blut im Kreislauf, was im Verlauf der Erkrankung zu schwerwiegenden Symptomen und letztlich häufig zum Tode führt.
Symptome können eine Leistungsschwäche, Wasser in Lunge und/oder Bauchraum, Husten, Herzrhythmusstörungen, Ohnmachtsanfälle, Organversagen und ein plötzlicher Herztod sein. Häufig zeigen sich in der ersten Phase der Erkrankung jedoch noch gar keine Symptome, auch wenn der Herzmuskel bereits verändert ist.
Und doch wäre es sehr wichtig, die Erkrankung noch in der frühen Phase der Erkrankung (auch okkulte Phase genannt) zu diagnostizieren, denn nur bei einer Behandlung in dieser okkulten Phase ist es möglich, die Erkrankung durch Medikamente zu verlangsamen.
Die DCM ist bei vielen Rassen erblich, aber nicht angeboren. D.h. sie tritt erst nach der Geburt auf. Vorwiegend, je nach Geschlecht zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr.
Typische betroffene Rassen sind z.B. der Dobermann, aber auch die deutsche Dogge oder andere Rassen, in denen sie genetisch bedingt gehäuft auftritt.
Die dilatative Kardiomyopathie wird neben anderen klinischen Untersuchungen vor allem durch den Ultraschall des Herzens (Echokardiographie) in Verbindung mit einem gleichzeitig durchgeführten EKG diagnostiziert. Für die Untersuchung wird keine Sedierung benötigt, die Untersuchung wird am stehenden oder liegenden Hund durchgeführt.
Für den Dalmatiner gibt es in der tiermedizinischen Literatur bisher keinen sicheren Hinweis auf eine Häufung der DCM oder anderer genetisch bedingter Herzerkrankungen. Allerdings fehlen bisher auch rassespezifische Normalwerte für den Dalmatiner in Deutschland, es werden Normalwerte für den Herzultraschall anhand von Größe und Gewicht des Hundes eingesetzt, so dass ein gewisser Graubereich für eine exakte Diagnostik besteht.
Die oben erwähnten „Fallberichte“ beunruhigen, ergeben aber natürlich keinen echten Überblick für die statistische Häufigkeit von Herzerkrankungen, vor allem der dilatativen Kardiomyopathie, beim Dalmatiner.
Sie führten unter anderem aber dazu, dass wir, die „Interessengemeinschaft Gesundheitsvorsorge Dalmatiner“, ein VDH-vereinsübergreifender Zusammenschluss von Dalmatinerbesitzern, die sich für die Gesunderhaltung unserer Rasse einsetzen, sich für die Initiierung einer Erhebungsstudie zur Herzgesundheit beim Dalmatiner eingesetzt haben.
Die Studie erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Collegium Cardiologicum e.V. (Vertreter Dr. Kresken). Das Collegium Cardiologicum e.V. ist ein Zusammenschluss hochqualifizierter kardiologisch tätiger Tierärzte, die standardisiert arbeiten und Erfahrung in der Durchführung rassespezifischer Studien haben. Alle Untersucher ermitteln und dokumentieren die Werte auf gleiche Weise und sorgen damit für die Vergleichbarkeit der Ergebnisse.
Die Studie zur Herzgesundheit beim Dalmatiner zusammen mit den Tierärzten vom Collegium Cardiologicum startet am 1.3.2021 und ist für eine Dauer von 12 Monaten geplant.
Die Studie hat zwei Ziele:
- Erfassung der Häufigkeit des Vorkommens einer dilatativen Kardiomyopathie beim Dalmatiner in einer festgelegten Studienpopulation.
Hiermit können wir im besten Fall eine Häufung und damit genetische Problematik in unserer Rasse für diese Erkrankung ausschließen oder auch ein sich anbahnendes genetisches Problem frühzeitig in unserer sonst recht gesunden und leistungsfähigen Rasse erkennen
- Feststellung der rassespezifischen Referenzwerte für die Herzultraschalluntersuchung für die Dalmatiner in Deutschland.
Bisher gibt es diese nicht, es werden allgemein Gewicht und Größe der Hunde für die Einordnung der gemessenen Werte zu Grunde gelegt, was zu einer gewissen Grauzone in der Sicherheit der Diagnose führen kann. Rassespezifische Messwerte im Herzultraschall machen die Diagnose bzw. den Ausschluss einer Herzerkrankung für Hund und Halter genauer und sicherer.
Für die geplante Erhebungsstudie sind alle in 2016 geborenen Dalmatiner aus den deutschen VDH-Zuchten (CDF, DDC, DVD, DZGD) vorgesehen. Da die DCM erst in einem bestimmten Lebensalter auftritt, wurde diese Population als sinnvolle Stichprobe ausgewählt.
Wir bitten daher darum, alle 2016 geborenen VDH-Dalmatiner bei unserer Studie zum Herzultraschall vorzustellen! Je mehr 2016 geborene Dalmatiner an der Untersuchung teilnehmen, desto aussagekräftiger wird das Ergebnis und Sie helfen mit, klare Aussagen zur Herzgesundheit beim Dalmatiner zu bekommen!
Die Hunde können bei jedem Kardiologen des Collegium Cardiologicum (https://www.collegium-cardiologicum.de/mitglieder.html ) nach Wahl des Besitzers untersucht werden. Die Daten der Hunde werden gespeichert und am Ende der Studie anonym ausgewertet. Die Ergebnisse werden nach Abschluss der Studie veröffentlicht.
Unabhängig von unserer Studie wäre es wünschenswert und wichtig, wenn Dalmatiner, die in der Zucht sind, zu einer Herzultraschalluntersuchung -möglichst beim Collegium Cardiologicum- vorgestellt werden. Als Züchter und Zuchtrüdenbesitzer nutzen Sie hiermit eine sinnvolle Gesundheitsvorsorge-untersuchung für Ihren Hund.
Wie läuft die Teilnahme an der Studie bzw. die Untersuchung ab:
- Vorbereitung:
- Termin bei einem Kardiologen des CC vereinbaren (s. Link mit Liste der Untersucher) und bei den 2016 geborenen Hunden auf die Pilotstudie hinweisen
- Bei Erstbesuch ggf. online bereits den Anmeldebogen und die Datenschutzbestimmungen ausfüllen und ausgedruckt zum Termin mitnehmen
- Originalahnentafel, Originalimpfpass und ggf. Kopien vorheriger Untersuchungsergebnisse mitnehmen
- Die Kosten der Untersuchung werden durch den Besitzer getragen. Diese können unterschiedlich sein, da Preisabsprachen unter den Tierärzten kartellrechtlich verboten sind. Die allgemeine Studienauswertung wird vom CC kostenlos durchgeführt
- Ablauf der Untersuchung:
- Vorgespräch mit dem Kardiologen, Chip wird ausgelesen
- EKG wird mit kleinen Klammern an der Haut angelegt und für den Zeitraum des Herzultraschalls aufgezeichnet, ggf. wird ein kleiner Bereich an der Brust rasiert
- Beim Herzultraschall liegt oder steht der Hund je nach Untersucher
- Der standardisierte Auswertungsbogen wird ausgefüllt und das Ergebnis besprochen
Wie können Sie die Studie unterstützen?
- Teilen Sie unseren Flyer über die sozialen Medien oder auch ausgedruckt bei Ihnen bekannten Tierärzten
- Sprechen Sie Besitzer oder Züchter von 2016 geborenen Dalmatinern persönlich an und informieren Sie über die Studie. Die Herzultraschalluntersuchung ist sowohl für den Hund als auch für die Zucht und die gesamte Rasse eine Möglichkeit der Gesundheitsvorsorge
Auch wenn Ihr 2016 geborener Dalmatiner ggf. bereits eine Herzultraschalluntersuchung im Vorfeld erhalten hat – es wäre so wichtig, wenn Sie ihn im Laufe des nächsten Jahres noch einmal beim CC vorstellen würden! Jeder 2016 geborene Hund zählt!
Durch die fehlende Standardisierung von Fremdbefunden außerhalb des CCs können diese aus wissenschaftlich-statistischen Gründen nicht in die Studie einfließen. Nur so können wir belastbare Daten sammeln.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Ihre Interessengemeinschaft Gesundheitsvorsorge Dalmatiner
Ansprechpartner für Fragen als Vertreter der IG:
Dilatative Kardiomyopathie beim Hund – eine Übersicht
- Was ist die dilatative Kardiomyopathie (DCM)?
Die DCM ist eine Herzerkrankung, bei der der Herzmuskel im Verlauf der Erkrankung zunehmend schwächer wird, die Herzmuskelwand ausdünnt und vor allem das linke Herz sich erweitert. Der Herzmuskel ist im Verlauf „ausgelatscht“ und schafft es nicht mehr, das Blut weiterzupumpen.
Das führt dazu, dass immer mehr Blut im Herzen zurückbleibt, der schwache Muskel hat immer mehr Mühe, davon etwas wegzupumpen, weil das Herz auch wie ein Ballon immer „voller“ wird und der Muskel immer schwächer.
Das führt wiederum dazu, dass sich auch die Klappenringe erweitern und die Klappen nicht mehr schließen, was wiederum dazu führt, dass Blut ins Herz zurückfließt, ein Teufelskreis.
Grundsätzlich pumpt das Herz Blut in den Lungenkreislauf, da nimmt es Sauerstoff auf, fließt dann ins Herz zurück und wird in den Körperkreislauf gepumpt, wo es die Organe, Verdauungsapparat, Gehirn, Muskeln etc. mit Blut und Sauerstoff versorgt, bevor das entsättigte Blut wiederum ins Herz zurückfließt.
Wenn die Pumpe nicht mehr funktioniert, kann man sich vorstellen, was passiert.
Das Blut hat nicht mehr genug Sauerstoff, die Organe werden nicht mehr genug mit Sauerstoff und Blut versorgt.
Zusätzlich staut sich das Blut in die Lunge zurück, dies kann zu Wasser in der Lunge führen, und es staut sich in den Körper zurück, dies kann zu Schwellungen am Körper und zu Wasser im Bauch führen.
Außerdem kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen, da durch die Veränderungen im Herzmuskel auch die Teile des Herzens, die den elektrischen Schrittmacher im Herz ausmachen, erkranken.
Symptome: Leistungsknick, Atemnot, Organversagen, Schwindel, Husten, dicker Bauch, Ohnmachtsanfälle, plötzlicher Herztod.
- Wie entsteht diese Erkrankung?
Die Erkrankung entsteht dadurch, dass sich die Muskelfasern, aus denen der Herzmuskel besteht, verändern.
Hier unterscheidet man (wenn man eine Probe des Herzmuskels genommen hat und diese unter dem Mikroskop anschaut) zwei Typen.
- Typ 1 „attenuated wavy fibers“, dabei treten dünne, wellenförmige Herzmuskelzellen auf.
- Typ 2 „fatty infiltration degeneration“, dabei wandeln sich die Zellen in Fett und Bindegewebe um, das sich nicht mehr zusammenziehen kann.
Da die Unterscheidung nur mit einer Herzkatheter-Biopsie zu treffen ist und eigentlich auch für den Hund keine wirklichen praktischen Konsequenzen hat, ist das für die Praxis ziemlich irrelevant.
- Was ist die Ursache dieser Erkrankung?
Man unterscheidet eine primäre und eine sekundäre Form, wobei die primäre deutlich häufiger ist.
- Die primäre Form ist in den meisten Fällen genetischer Ursache. Es gibt klare Rassedispositionen bei großen Hunden, typisch Deutsche Dogge, Dobermann, Irischer Wolfshund. (bei diesen Rassen zwischen 20 und 60% der 6 jährigen Hunde betroffen!)
- Die sekundäre Form bezeichnet eine DCM, die als Folge anderer Probleme aufgetreten ist und selten ist. Z.B. durch einen Taurin und/oder Carnitinmangel (was selten auftritt, und dann nach Zufütterung der Stoffe meist innerhalb von Monaten sich wieder zurückbildet), oder nach einer Chemotherapie mit bestimmten Medikamenten oder nach schweren Infektionen.
Typisches Alter der Hunde und Phasen der Erkrankung
- Beginn meist im 2.-3. Lebensjahr
- Phase 1: in den üblichen Untersuchungen (EKG, Echokardiographie, Abhören etc) keine Veränderungen sichtbar, die Erkrankung wäre nur durch eine Biopsie zu diagnostizieren
- Phase 2 (okkultes Stadium): der Hund hat noch keine Symptome, aber es gibt auffällige Untersuchungsergebnisse, v.a. in der Echokardiographie sieht man Veränderungen und/oder das EKG zeigt Zusatzschläge oder unregelmäßigen Herzschlag oder es ist ein Herzgeräusch zu hören (nur bei ca 50% der Fälle)
- Das okkulte Stadium kann oft über Jahre gehen
- Arrhythmien (unregelmäßiger Herzschlag) treten vor allem beim Dobermann vermehrt und früh auf
- Phase 3 (offensichtliches Krankheitsstadium): der Hund hat Beschwerden, die Untersuchungsergebnisse sind deutlich verändert.
Untersuchungsmethoden:
- Echokardiographie : Goldstandard für die Diagnose der DCM! Ultraschall vom Herzen, dauert ca 30 min, keine Narkose notwendig, Hund steht oder liegt auf einem Tisch, meist Rasur des Fells am Oberbauch. Kosten 80-300 Euro je nach Region und Experten. Empfehlung: Echokardiographie beim Kardiologen machen lassen, oder zumindest jemandem mit viel Erfahrung in dem Bereich. Es gibt eine Übersicht beim Collegium Cardiologicum, auch wenn das kein Muss ist.
https://www.collegium-cardiologicum.de/mitglieder.html#mitgliederliste
- EKG: läuft bei der Echokardiographie mit (also schon mal ca 20-30 min), so dass hier schon ein guter Überblick über Rhythmusstörungen erfolgt
- Normales EKG über ca 5 min
- Holter-EKG = 24h-EKG, bekommt Hund nach Anlage unter einem Brustverband mit nach Hause. Erfolgt bei Verdacht auf Rhythmusstörungen (z.B. bei Ohnmachtsanfällen), die sich im Kurzzeit-EKG nicht sichern lassen.
- Röntgenbild der Lunge: kann die Herzgröße abschätzen lassen und zeigen, ob Wasser in der Lunge ist
- Pro-BNP, BNP als Blutwert: meist bei Herzschwäche erhöht, Höhe kann eine Aussage darüber machen, wie wahrscheinlich eine Dekomensation (massive Verschlechterung der Symptomatik) im nächsten Jahr ist. Ein normaler Wert macht eine schwere Erkrankung unwahrscheinlich, schließt diese aber auch nicht komplett aus.
- Cardiales Troponin: (wird beim Menschen zur Herzinfarktdiagnostik genutzt): kann einen Hinweis auf absterbende Herzmuskelzellen liefern.
- Klinische Kontrolle (immer beim Tierarzt): Anamnese, Abhören, Abtasten, Atemfrequenz. Die Atemfrequenz kann auch der Besitzer erkrankter Hunde regelmäßig erfassen. Eine Erhöhung kann ein Hinweis auf eine drohende Dekompensation bzw. Verschlechterung der Erkrankung sein.
Hierfür gibt es auch eine APP, die schön auch Diagramme für den Verlauf bietet: https://apps.apple.com/us/app/cardalis/id569166179
- Genetik:
Beim Schnautzer gibt es einen Gentest, hier ist eine Variante im RBM20-Gen gefunden worden, die auch getestet werden kann. Für alle anderen betroffenen Rassen gibt es bisher keinen Gentest und auch ist dieser wohl nicht so schnell zu erwarten, auch wenn Studien laufen (Hannover, München).
Die üblicherweise angenommene Vererbung ist autosomal dominant polygen. Bedeutet, die Erkrankung wird üblicherweise auftreten, wenn genügend krankheitsauslösende Gene/Genvarianten/Mutationen zusammenkommen. Welche das sind und wieviele es braucht ist bisher unklar.
- Therapie:
Üblicherweise Pimobendan, das in der Zulassungsstudie eine Verbesserung der klinischen Symptome, der Herzkontraktilität und eine Verminderung der Sterberate im Vergleich zur Gruppe mit ACE-Hemmer-Medikation gezeigt hat.
Zusätzlich kann Taurin und Carnitin zugefüttert werden.
Abhängig von den Befunden kann ein ACE-Hemmer, Betablocker und Entwässerungsmedikamente eingesetzt werden.
- Prognose
Die Prognose ist wie es so schön beim Tierarzt heißt: vorsichtig.
Die Erkrankung ist chronisch, der Verlauf kann durch die Therapie üblicherweise nur verlangsamt werden. Es kann in bis zu 30% der Fälle zum plötzlichen Herztod durch Herzrhythmusstörungen (z.B. Kammerflimmern) kommen.
Die Lebenserwartung ist abhängig von der Rasse sehr unterschiedlich von Monaten bis Jahren.
Copyright Dr. Vera Engelbertz